Einkochzeiten und Temperaturen

Temperaturen zum Einkochen

Wie lange? Wie heiss? Das sind die essentiellen Fragen die wir uns beim Einkochen stellen müssen. Welche Einkochzeit bei welcher Temperatur? Das heisst eigentlich müssen wir uns zuerst fragen, was wir vor uns haben.

  • Was ist es?
  • Wie wurde es gekocht?
  • Was haben wir zugegeben? 

Wenn wir diese Fragen beantworten können, wissen wir schon sehr viel. Damit können wir die richtige Einkochzeit korrekt wählen. 

Zwei grundlegende Möglichkeiten

Wir haben immer die Wahl. Aus meiner Sicht gibt es aber nur zwei Möglichkeiten, wenn ich sichere Konserven produzieren will.

  1. Wir nützen unser Wissen, indem wir Temperatur und Einkochzeit nach Lebensmittel und Zutaten wählen
  2. Wir nehmen immer die sicherste Variante und sterilisieren alles mit einem Drucksterilisator bei 2 Bar Druck und 121°Grad.

Mir persönlich gefällt die erste Möglichkeit besser, weil ich das mit meinen Geräten im Haushalt machen kann und nichts zusätzliches, wie ein Pressurecanner oder einen Dampfkochtopf brauche. 

Das Wissen nützen

Bevor ich über die Strasse laufe, schaue ich nach Links und nach Rechts. Wo immer möglich benütze ich einen Fussgängerstreifen. Aber ich ziehe mir nicht extra einen Schutzanzug und einen Helm an, um die Strasse zu überqueren. Ich habe gelernt, wenn ich ein Auto sehe, dass ich dann warte bis es vorbei ist. Oder wenn es unübersichtlich ist, spitze ich meine Ohren, ob ich etwas hören kann. Wenn nicht, überquere ich zügig die Strasse. Ich nütze mein Wissen über Geschwindigkeit und Distanzen und alle meine Sinne, um unbeschadet auf die andere Strassenseite zu kommen. 

So ist es auch beim Einkochen

  1. Ich lese das Rezept genau
  2. Überlege kurz, vergleiche mit meinem Wissen und wäge ab, ob die Angaben stimmen können
  3. Habe ich es mit eiweisshaltigen Lebensmitteln zu tun?
  4. Handelt es sich um Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte oder gar Fleisch oder Fisch? 
  5. Habe ich etwas das zusätzlich konserviert, wie Salz, Zucker oder Essig?
  6. Welche Einkochzeit und welche Temperatur würde ich wählen?

Grundsätze

Die folgenden Angaben beziehen sich auf das Einkochen im Wasserbad oder im Steamer. Im Steamer, respektive Kombisteamer muss beachtet werden, dass die Einkochzeit erst gemessen wird, wenn die Temperatur erreicht ist. Genau so im Wasserbad, falls das nicht automatisch so einstellbar ist.  
Für den Backofen gelten andere Einkochzeiten und Temperaturen. Auf diese möchte ich hier nicht eingehen, da sie je nach Gerät unterschiedlich sind. 
(die Tabelle kannst du am Ende herunterladen) 

EinkochgutEinkochzeit und Temperatur
Fruchtsäfte ohne Zucker20 Minuten bei 80 Grad
Theoretisch reicht es wenn im innern 75°C erreicht ist. Aber ich mache es so, dann bin ich auf der sicheren Seite. 
Früchte
Kompott
Fruchtmus
30 Minuten bei 90 Grad
könnte man je nach Frucht noch differenzieren, aber so passt es für alles.  
Gemüse gekocht
(ohne Hülsenfrüchte, Kohl und Wurzelgemüse)
Essiggemüse
Chutneys
30 Minuten bei 90 Grad
Wurzelgemüse, Kohl, Sellerie, Sauerkraut, Pilze usw. 2 x 60 Minuten bei 100 Grad (s. Alles über Botulismus)
Hülsenfrüchte wie Bohnen und Erbsen2 x 60 Minuten bei 100 Grad
(der Grund und das Vorgehen ist hier beschrieben: Botulismus – Eine Gefahr die wir kennen müssen)
Fleisch, Fisch, Geflügel roh eingefüllt150 Minuten bei 100 Grad (Buch Vorrat halten)
Auf Nummer sicher geht man, wenn man am 2. Tag (innert 24 – 48 h) nochmal 60 Minuten bei 100 Grad einkocht
Fleischgerichte wie Braten, Gulasch, Bolognaise usw. Wenn es vorher fertig gekocht wurde, noch 60 Minuten bei 100 Grad einkochen (Buch Vorrat halten).
Ich gehe lieber auf Nummer sicher und koche am 2. Tag (innert 24 – 48 h) nochmal 60 Minuten bei 100 Grad ein. Oft sind die Zutaten teuer und es wäre schade, wenn die Gläser nicht top eingekocht sind.
Kuchen und BrotNach den regulären Backen ohne Deckel, nochmal 30 Minuten bei 100 Grad mit geschlossenem Deckel im Backofen einkochen oder im Wasserbad.

Wichtig: Die angegebenen Einkochzeiten gelten für Gläser von der Grösse 1/2 bis 3/4 Liter. Wenn grössere Gläser verwendet werden, 15 Min. zugeben bei 1-1,5 Liter und 30 Min. zugeben bei 2 Litern. 


Quellen:

  • Prof. Dr. Lars Fieseler, Zentrumsleiter Zentrums für Lebensmittelsicherheit und Qualitätsmanagement und Leiter Forschungsgruppe Lebensmittelmikrobiologie, ZHAW in Wädenswil
  • Liselotte Keller, Leiterin Abt. Bäuerinnen & Gesundheit, Schwerpunkt Direktvermarktung und Bäuerlicher Haushalt, Strickhof, Lindau 
  • Buch: Haltbarmachen von Lebensmitteln, R.Heiss/ K.Eichner, 2002, Springer 
  • Buch: Vorrat halten, Hildegard Rust, 2012 2. Aufl. A.Knürr Verlags GmbH, München


120 Minuten bei 100 Grad gehen doch auch!

Ja ich weiss, es gibt ganz viele Rezepte mit eiweisshaltigen Lebensmitteln, in denen steht man soll 120 Minuten bei 100 Grad einkochen. Und es gibt Gruppen, in den sozialen Medien, da ist das sozusagen “Gesetz”. Und es funktioniert ja auch, die Gläser bleiben zu, es bildet sich ein Vakuum.

ABER es hilft nicht gegen Clostridium Botulinum. Wer meinen Artikel über Botulismus gelesen hat, weiss warum 2 x innert 24 Stunden eingekocht werden soll. Das war früher so und ist auch noch heute so. Diese Gefahr hat sich nämlich in den letzten Jahren nicht verändert. Klar, 120 Minuten funktionieren auch. Wenn die Gläser aufgehen, entsorge ich alles und was ich esse wird mindestens 10 Minuten gut gekocht. Kann man machen – ich mache es nicht.

Am meisten ärgert es mich, wenn gesagt, respektive geschrieben wird, dass zweimal Einkochen falsch sei. Nein es ist nicht falsch – es ist die sicherste Variante! Das sagen übrigens auch Fachleute an Fachhochschulen. Nur weil die Häufigkeit von Botulismus heute gering ist, sollten wir es nicht ignorieren. Und bitte nicht einfach machen, was andere sagen, sondern nach dem Warum fragen und dann Verantwortung übernehmen. 

Pressure Canner und Drucksteamer

Ich widme den beiden Geräten hier noch einmal ein paar Zeilen. Wenn wir mit einem solchen Gerät einkochen, das Druck aufbauen kann, können wir in einem Vorgang sicher einkochen. Unter Druck lässt sich im Einmachglas eine höhere Temperatur aufbauen. 120 Grad zerstört auch die Sporen von Clostridium Botulinum innert kurzer Zeit. Mit genauen Einkochzeiten kenne ich mich allerdings leider nicht aus. Leider habe ich keinen Platz und die Anschaffung, besonders vom Drucksteamer ist nicht gerade günstig. Aber man muss ja schliesslich noch Träume haben 😉 

Und zum Schluss noch dies

Wenn du jetzt noch unsicher oder ein Einmach-Neuling bist, lies dich ins Thema ein, im Haltbar-ABC findest du vieles zum Thema Einmachen. Oder besuch einen Einmachkurs bei mir. Tausch dich mit erfahrenen Einmachern und Einkocherinnen aus. Fang mit Kompott oder eingelegtem Gemüse an, das ist ungefährlicher als eiweisshaltige Lebensmittel.
Mach aber bitte nicht einfach das, was man dir sagt. Stell Fragen, ergründe das Warum. Du allein hast nämlich die Verantwortung für deine Gläser. Und wenn du weisst, was du machst, dann ist Einmachen leicht und eine wunderbare Sache. Wenn du unsicher bist, darfst du mir auch jederzeit schreiben.  

Genussvolle Grüsse aus den Schweizer Alpen

Frau Rühr-Werk 


Nächste Woche:
Welche Lebensmittel kann man nicht einkochen und welche können sich “zickig verhalten.

Dazu passen auch folgende Artikel

6 Meinungen zu “Einkochzeiten und Temperaturen

  1. Hanna sagt:

    Hallo,
    vielen Dank für deine tollen Erklärungen, sie haben mir bereits einige Antworten gegeben. Eine Frage habe ich jedoch noch: Woher kommen die 60 Minuten, über die man zwei mal einkochen soll? Braucht es so lange, um die Bakterien zuverlässig alle abzutöten oder hat es mit dem Garvorgang des Einkochgutes zu tun?
    Würde es also theoretisch ausreichen, ein 100°C heißes, gekochtes Gericht in sterile Gläser zu füllen und dies dann nur einmal noch nach 24-48h einzukochen?
    Oder habe ich einen Denkfehler?

    • Frau Rührwerk sagt:

      Hallo Hanna,
      eine sehr gute Frage. Da es sich um heikle Produkte handelt, soll unbedingt sterilisiert werden. Kochen lassen tötet schon auch Bakterien ab. Aber beim Abfüllen kann es jederzeit zu neuen Kontaminationen kommen. Und es würden sich dann auch die “normalen” Bakterien und Schimmelpilze in den 24-48 Stunden bereits wieder so stark vermehren, dass das Produkt bereits verderben kann. Bakterien verdoppeln sich alle 20 Minuten. Da werden aus 100 Keimen in 24 Stunden ganz schnell Billionen. Wenn du aber das Glas für 60 Min. bei 100°C sterilisierst, werden im Glasinneren alle abgetötet und es können sich allenfalls nur aus Botulinumsporen neue Bakterien entwickeln. Und diese werden dann beim zweiten Mal einkochen ebenfalls noch abgetötet.
      Es ist alls weniger ein “Denkfehler” als die Unmöglichkeit der sterilen Abfüllung. Da es in der Luft, am Gummi und auch im Glas immer Keime haben kann. Also kann man sagen theoretisch ware es möglich, praktisch eher nicht. Und weil es sich oft um teurere Produkte, wie zum Beispiel Fleisch handelt, mache ich da lieber keine Experimente.

      Liebe Grüsse
      Frau Rührwerk

  2. Anita Anliker sagt:

    Hallo Frau Rührwerk
    Ich habe letze Woche Bohnen eingekocht (bevor ich ihre Webseite entdeckt habe) 60 Min. bei 100°. Kann ich den 2. Kochvorgang nach einer Woche noch nachholen? Freundliche Grüsse Anita Anliker

    • Frau Rührwerk sagt:

      Hallo Frau Anliker

      Rein mikrobiologisch betrachtet funktioniert es nicht. Nach 48 Stunden würden die Bakterien, die sich aus den nicht zerstörten Sporen neu gebildet haben, wieder Sporen bilden. Die dann bei einem späteren 2. Kochvorgang ebenfalls nicht abgetötet werden.

      1x einkochen = Sporen überleben = neue Bakterien = nach 48h wieder neue Sporen – Noch einmal später = Sporen überleben = neue Bakterien

      Ein wenig kompliziert das ganze merke ich gerade 😉 Das gilt dann, wenn sie im Wasser oder leichten Salzwasser eingekocht haben.
      Das gilt nicht, wenn sie mit einem Essigsud von min. 1:1 Essig und Wasser eingekocht haben. Dann vermehren sich die Bakterien nicht. Und es hätte auch 30 Minuten bei 90°C gereicht. Das ist dann eingekochter Bohnensalat.

      Allenfalls können sie Folgendes machen:
      Wenn die Gläser noch fest verschlossen, sprich das Vakuum noch in Takt ist, würde ich mit 1-2 Gläsern einen Versuch starten. Wichtig ist auch, dass der Sud noch klar ist. Sobald ein Glas offen ist oder der Sud trüb und stinkig: Entsorgen!
      Ich würde einen neuen Sud machen, das Glas öffnen, die Bohnen noch einmal 2-3 Minuten im kochenden Sud aufkochen, und danach alles wieder in saubere, sterilisierte Gläser abfüllen. Danach beide Kochvorgänge 1x 60 Min. bei 100°C und innert 24-48 Stunden noch einmal 60 Min. bei 100°C einkochen.
      So wäre es dann sicher und falls bereits Gift vorhanden wäre, würde das durch die Koch-Temperatur zerstört. Ausserdem können sich so keine neuen Sporen bilden.
      Wie sich die Bohnen bei diesem Prozess verhalten, kann ich allerdings nicht sagen. Aber das wäre der sicherste Weg.
      Ich bin gespannt ob es klappt. Und sie wissen ja, wann immer ein Glas von alleine aufgeht: Inhalt entsorgen.

      Herzliche Grüsse
      Frau Rührwerk

  3. Ramona sagt:

    Liebe Frau Ruehr-Werk, oft lese ich, gekochtes muss zwingend innerhalb 24h eingekocht werden, später geht es nicht mehr. Um ehrlich zu sein, das wirkt etwas zu pauschal auf mich und ich würde gerne das warum dahinter verstehen. Gelten immer 24h oder ist das vom Lebensmittel und der Umgebungstemperatur abhängig? Und was ist, wenn ich das Gericht 24h nach dem Fertigstellen nochmals aufkoche und gut durcherhitze, kann ich es dann noch einkochen? Das sind die Fragen, die ich mir stelle, auf die ich auch nach längerer Internetsuche nicht beantwortet bekomme und deswegen hoffe ich, dass Du mir, liebe Frau Ruehr-Werk, dabei helfen kannst.

    Danke im Voraus

    • Frau Rührwerk sagt:

      Liebe Ramona

      gar nicht so einfach, diese Frage. Die 24 Stunden würde ich so nicht pauschal unterschreiben. Ich versuche es mal von der mikrobiologischen Sicht aufzurollen:
      Grundsätzlich ist es so, dass sich Bakterien alle 20 Minuten verdoppeln. Sobald das Gekochte abkühlt, so ungefähr bei 40°C fangen sich vorhandene Mikroorganismen an, sich zu vermehren. Und klar ist Gekochtes als erstes mal relativ keimarm, weil ich es ja gekocht habe, aber sobald ich etwas rausschöpfe, es rumsteht usw. können neue Keime dazu kommen, die sich dann frischfröhlich vermehren.

      Darum ist sicher das kühlen, wenn ich es nicht sofort einkoche, das Wichtigste. Ich würde aber generell darauf achten, sofort einzukochen. Dann lieber nicht anfangen, wenn ich keine Zeit zum Einkochen habe. Oder dann halt für einmal lieber einkochen. Oder mindestens schon in die sterilisierten Einkochgläser abfüllen und darin kühlstellen. Aber sofort einkochen ist immer sicherer.

      Und ich finde, es kommt auch darauf an, was es ist. Wenn es etwas sehr eiweisshaltiges oder sogar Fleisch ist, würde ich nicht warten sondern sofort einkochen.

      Ich würde hier keine klare Empfehlung betreffend Wartezeit abgeben, eher für sofortiges Einkochen plädieren. Also gut planen und dann geht es schon. Und ja, ich habe auch oft schon auf meinen Einkochvorgang gewartet, obwohl ich längst gerne ins Bett gegangen wäre. Aber hey, dafür habe ich am Morgen die Früchte meiner Arbeit gleich in der Küche gesehen und bin schon motiviert vor dem ersten Kaffee 😉

      Ich hoffe das hilft ein wenig, auch wenn es keine klare Aussage ist?
      Herzliche Grüsse
      Frau Rührwerk

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